Klassische Künstler in der Uhrmacherei

Der architektonische Deep Space Tourbillon, der beim letzten Grand Prix d’Horlogerie de Genève den Innovationspreis erhielt, stammt aus der Feder des unabhängigen Uhrmachers Vianney Halter. Als philosophische Darstellung des für eine Reise ins Weltall geeigneten Instruments symbolisiert die Uhr die vier irdischen Bezugsgrössen Länge, Höhe, Tiefe und Zeit, die der Mensch schrittweise verliert, je tiefer er in den Weltraum vordringt. Die spektakuläre Konstruktion umfasst einen zentralen Tourbillon, der sich um drei Achsen dreht: die des Käfigs, die einer ultraleichten und im rechten Winkel dazu positionierten Struktur sowie die einer besonders innovativen Wiege, die als Aufhängung des Ensembles dient. Jede Bewegung hat unter einer Saphirkuppel ihren eigenen unendlichen Drehrhythmus. Gewölbte seitliche Zeiger bilden die vierte, zeitliche Dimension und vollenden ein maximal transparentes uhrmacherisches Kunstwerk.

 

Die Kollektion Cartier d’art von Cartier erforscht alle nur erdenklichen Formen der Kunst für thematisch extrem ausdrucksstarke Inszenierungen. Im Herzen einer bildhauerischen Uhr stolzieren fünf Miniatur-Panther aus der Savanne, um ein Mechanikwerk mit fliegendem Tourbillon zu bewundern. Jede Figur nimmt in dieser beeindruckend realistischen Szene eine andere Haltung ein. Die Dekorelemente werden unter dem Mikroskop aus Weissgold geformt und auf einer Onyxplatte verankert. Eine atemberaubend schöne Goldschmiedearbeit.

 

Die Kollektion Mademoiselle Privé rückt die der Gründerin der Marke Chanel besonders am Herzen liegenden Dekorelemente ins Rampenlicht. Ihre Lieblingsblume ziert in malerischer Interpretation das Zifferblatt des Zeitmessers, der am Grand Prix d’Horlogerie de Genève mit dem Preis für Handwerkskunst ausgezeichnet wurde. Die mit verschiedenfarbigen Seidenfäden hergestellte Kamelie ist das Werk des berühmten Pariser Stickereikünstlers Lesage. Es ist das erste Mal, dass seine vollständig handwerkliche, als «Nadelmalerei» bezeichnete Technik  in der Uhrmacherei zur Anwendung kommt. Sie passt aber hervorragend zur einer Marke wie Chanel.

 

Musikalisch wirkt sie nicht nur auf das Ohr, sondern auch auf den ersten Blick. Der auf dem Zifferblatt sichtbare Mechanismus mit zehn Tonzungen und Drehzylinder erinnert sofort an eine klassische Spieluhr. Ulysse Nardin und der vor allem als Leader der Gruppe Yello bekannte Dieter Meier entwickelten gemeinsam diese voller Überraschungen steckende Uhr, die jede Stunde oder auf Wunsch die berühmte Melodie von «Strangers in the Night» erklingen lässt. Der technisch ausgeklügelte, aber benutzerfreundliche Zeitmesser ist eine Premiere, die die Marke in verschiedenen Sonderserien auflegen möchte.

 

Harry Winston erklärte seinen ultimativen Traum mit poetischen Worten: «Wenn ich könnte, würde ich die Diamanten direkt in die Haut der Damen fassen.» Die Designer der Marke wetteifern heute mit Kreativität, um dieses sagenumwobene Zitat weitmöglichst umzusetzen. Die Schmuckuhren höchster Juwelierkunst mit äusserst luftigen und minimalistischen Strukturen wie beispielsweise die Mrs. Winston High Jewelry Timepiece zielen in diese Richtung. Gehäuse und Zifferblatt sind länglich und mit unterschiedlich grossen Diamanten im Baguette- und Brillant-Schliff übersät, um fast die ganze Oberfläche abzudecken. Das mit Baguette-Diamanten eingerahmte Armband zieren Edelsteine im Tropfen-, Navette- und Brillant-Schliff mit Krappenfassungen, die auf zarten Querverstrebungen montiert sind. Am Handgelenk erweckt dies den Eindruck, die Steine würden poetisch über der Haut schweben. Sehr romantisch!

 

Die Masterpiece Seconde Mystérieuse von Maurice Lacroix zeigt eine ausgefallene Tänzerin, denn der Sekundenzeiger tanzt wie noch kein anderer vor ihm über das Zifferblatt. Er gründet wie bei anderen geheimnisvollen Zeigern auch auf einer transparenten mobilen Scheibe, dreht sich aber nicht im Zentrum und vollführt auch keine klassischen Runden. Er ist auf einer dezentralen Achse befestigt, dreht sich um die eigene Achse und tanzt im Rhythmus seiner Auflage. Er wechselt alle 15 Sekunden von der vertikalen zur horizontalen Achse und bewegt sich schräg für den Sprung von einem Quadranten zum nächsten. Diese neuartige Choreografie verzaubert inmitten einer resolut modernen und teilweise skelettierten Kreation.

 


Die Uhrenfachjournalistin enthüllt die Neuheiten und pflegt die Rubrik 12. Kunst (Kunst der Zeitmessung), die eine Parallele mit den klassischen Künsten zieht.

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