Maschinen
Die Uhrmacherei ist und bleibt, egal was sie von sich selbst behauptet, eine Industrie. Sie verarbeitet, schneidet, durchbohrt und veredelt Metall und nutzt dafür Werkzeugmaschinen. Es braucht mindestens 10 Millionen Schweizer Franken, um eine vielseitige kleine Werkstatt mit beschränkter Kapazität einzurichten. Grösse und Anzahl der Maschinen werden durch mehrere Faktoren bestimmt. Der erste ist die Anzahl Bestandteile, die das Werk zählen wird. Je weniger Teile, desto weniger Arbeitsschritte und tiefere Kosten. Der zweite Faktor ist die Form der Teile. Gerade Brücken, Federstege und flache Platine: Jede Vereinfachung reduziert die Einstell- und Betriebszeit der Maschinen und steigert ihre Produktivität. Die Verarbeitungsqualität ist grundlegend. Es gilt, ein Gleichgewicht zwischen der Zuverlässigkeit der Teile und ihrer Ästhetik zu finden, um Nachbesserungen und zukünftige Probleme zu vermeiden. Selbstverständlich hängt die Grösse des Maschinenparks auch von den geplanten Produktionsmengen ab.
Material
Das Material spielt bei der Preisfestsetzung des Werks kaum eine Rolle. Fast alle Werke sind aus Messing und zählen einige wenige Stahlteile. Messing ist kostengünstig, leicht zu bearbeiten und kann schön aussehen. Einige Marken arbeiten mit Neusilber, einer geringfügig kostspieligeren Legierung. Hierbei handelt es sich meist um luxuriösere Uhren, denn Neusilber verkratzt leicht. Es bedarf grosser Sorgfalt, da diese Kratzer nicht ausgebessert werden können. In seltenen Fällen wird auch das leichtere, aber sehr harte Titan oder gar Gold verwendet. Diese Werkstoffe sind teurer, lassen sich aber leichter mit Diamanten besetzen als Stahl.
Manpower
Der Arbeitsaufwand spielt beim Preis des Kalibers eine übergeordnete Rolle. Das gleiche Kaliber kann je nach Vollendungen den fünf-, zehn- oder gar dreissigfachen Preis haben. Die Behandlung der Oberflächen reicht von einer automatischen Sandstrahlung bis zum Hochglanzpolieren. Die Kanten können mit der Maschine oder von Hand abgeschrägt werden. Alles steht und fällt mit dem Glanz des Polierens, der Kantenverarbeitung und den Details: All diese Faktoren können nur in Arbeitsaufwand und -stunden veranschlagt werden. Das ist reine Handarbeit. In der Schweizer Uhrmacherei sind die Arbeitskräfte hochqualifiziert und werden gut bezahlt.
Montage
In diesem Stadium besteht das Werk aus Einzelteilen, die es nun zusammenzusetzen gilt. Je einfacher ein Kaliber, desto schneller die Montage: weniger als eine Stunde mit sequenziellen manuellen Montagebändern. Je mehr Komplikationen und Bestandteile, desto höher der Zeitaufwand, wobei sich dieser nicht linear steigert. Bei den grössten Komplikationen dauert die Montage fast ein ganzes Jahr. Die Einstellzeit hängt direkt von der Entwicklungsqualität ab, was uns wieder zum ursprünglichen Konzept des Kalibers und der Wahl von Unruh und Spirale zurückführt. Je höher die angestrebte Ganggenauigkeit, desto höher der Zeitaufwand. Bei guten Tourbillons kann das mehrere Tage dauern. Natürlich addieren sich all diese Faktoren.
Marge
Der letzte preisbestimmende Faktor hat nichts mit der aufgewendeten Zeit zu tun. Es geht um die Gewinnmarge. Bei intern gefertigten Werken kann die Marke selbst bestimmen, inwieweit die Kosten auf den Kunden überwälzt werden. Neulinge im Bereich Manufakturwerke, und von denen gibt es viele, können ihre Preise nicht einfach über Nacht um 30-40% steigern unter dem Vorwand, dass sie nun hauseigene Kaliber herstellen. Der Anstieg der Kosten wird über einen längeren Zeitraum verteilt, weil die Marke für eine Amortisation ihrer Investitionen auf einen langfristigen Erfolg hofft. Deshalb setzen die meisten auf die zweite Option, d.h. sie kaufen ein von einem Spezialisten entwickeltes Werk ein. Die Kosten sind die gleichen, steigen aber noch durch die Gewinnmarge des Zulieferers. Deshalb sind Skalenerträge in der Uhrenindustrie entscheidend: Je öfter ein Werk gefertigt wird, desto geringer sind die Kosten pro Einheit. Das ist und bleibt die Industrielogik, und die Uhr macht da keine Ausnahme.