Obwohl Italien sich mitten in einer schweren Wirtschaftskrise befindet, erfreut sich die Uhrmacherei auch in diesem Land grosser Beliebtheit und Bekanntheit. Heute sind es nicht mehr die Uhrenliebhaber und -sammler aus unseren Breitengraden, die bedeutende Käufe tätigen und somit der ganzen Welt die Trends diktieren wie einst in den 80er und 90er Jahren. Jetzt geben zum Glück die Ausländer den Ton an. Obwohl die Krise nicht nur die italienische Wirtschaft, sondern auch die Institutionen und ihr Umfeld beeinträchtigt, ist und bleibt «Bella Italia» eines der begehrtesten Reiseziele von Touristen und Neureichen, die das Land von oben bis unten erkunden und von den wunderschönen Landschaften und Kunststädten sowie den kulinarischen und kulturellen Köstlichkeiten nicht genug bekommen können. Zahlreiche Händler profitieren von den Urlaubsaufenthalten der russischen, arabischen, amerikanischen, chinesischen und sonstig orientalischen Touristen. Das seit Langem für Luxus und Mode berühmte Italien sowie die gute Laune, die Sonne und Land dem Urlauber vermitteln, begünstigen zweifellos einen so emotionalen Kauf wie den einer Uhr.

Wir haben mit Einzelhändlern aus Sizilien in Taormina, Catania und Syrakus (Giovanni Restivo), aus Sardinien in Porto Cervo (Floris Coroneo) und Forte Village (Alberto Barresi) sowie in Riccione, Milano Marittima und Cortina (Carlo Bartorelli) diskutiert. Sie sind sich alle einig, dass sich die Sportmodelle für Männer und die besonders eleganten, aber diskreten Zeitmesser für Damen während des Sommers am besten verkauft haben. Zur Sommerzeit scheinen Sportuhren hoch im Kurs zu stehen, während der Kaufentscheid für klassischere Modelle länger reifen muss und deshalb eher in der Wintersaison bei Einzelhändler seines Vertrauens in der Heimatstadt getroffen wird.

Alberto Barresi bedient in erster Linie Kunden aus Russland und Nordeuropa. Er verkaufte vor allem folgende Marken und Modelle: Franck Muller Conquistador Gran Prix GPG und Long Island, Piaget Polo 45 und Twice, Ulysse Nardin Marine und Maxi Marine Chronometer sowie den Bestseller des Jahres, die neue Tondo By Night von De Grisogono. Carlo Bartorelli bestätigt ebenfalls einen starken Zulauf russischer und neu auch chinesischer Kunden. In seinen Boutiquen fanden in diesem Sommer folgende Modelle die meisten Abnehmer: Nautilus von Patek Philippe, King Power von Hublot sowie die gesamte Rolex-Palette. Zwei absolut modeunabhängige Marken verdienen eine besondere Erwähnung: Cartier ist seit jeher unangefochtener Leader bei Damenuhren, während die italienische Marke Panerai von Ausländern vor allem aufgrund des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses geschätzt wird. Alle berichten zum Ausklang des Sommers über eine eher positive Entwicklung, nicht zuletzt, weil sich die Einzelhändler unermüdlich darum bemühen, ihren Kunden die interessantesten Modelle anbieten zu können.

INDIEN

Der indische Luxusuhrenmarkt hat sich in den letzten Jahren seit dem Eintreffen der bedeutendsten internationalen Marken stark entwickelt. Die Wachstumsrate liegt bei über 20%. Die wohlhabende Nachwuchsgeneration hat eine Vorliebe für Marken und Luxus. Gleichzeitig werden allerorts Tier-II- und Tier-III-Städte aufgrund der steigenden Nachfrage in diesem Segment aus dem Boden gestampft. Uhren zählen zu den neuen Accessoires, mit denen man sich von der breiten Masse abheben kann. Der indische Konsument ist ein Schnäppchenjäger mit einem Faible für Qualität, Authentizität und Exklusivität. Er ist besser informiert und trifft Kaufentscheidungen anhand der Entwicklungsgeschichte einer Uhrenmarke, ihres Bekanntheitsgrads auf dem Markt und ihrer Preispositionierung – und zwar nicht nur in Indien, sondern auch in anderen asiatischen Ländern. Die Hochsaison für den Uhrenverkauf startet im Allgemeinen nach dem Navaratri-Festival, erlebt beim Diwali ihren Höhepunkt und flaut dann bis Weihnachten und Neujahr nicht mehr ab. Das fällt auch mit der Heiratssaison zusammen, die jedoch bis Februar oder gar März anhält. Während dieses Zeitraums stehen Luxusartikel, zu denen natürlich auch Uhren gehören, als Geschenke hoch im Kurs. Der indische Wirtschaftsboom kurbelt die Verkäufe an. Luxuriöse Einkaufszeilen und -strassen schiessen allerorts wie Pilze aus dem Boden. Die Nachwuchsgeneration des indischen Einzelhandels (meist Familienbetriebe) hat eine Vorliebe für Luxusgüter.

Sandeep Kapoor, Geschäftsführer von Kapoor Watch Co in Delhi: Die heutigen Käufer sind jünger, besser informiert und experimentierfreudiger bezüglich weniger bekannter Marken, grösserer Abmessungen und Materialmix. Marken wie Breitling, Roger Dubuis und Hublot, die früher in Indien nicht sehr begehrt waren, stehen nun hoch im Kurs. Bei eleganten und wohlhabenden Konsumenten erfreuen sich die neuen Kollektionen Millenary und Offshore von Audemars Piguet grosser Beliebtheit. Sandeep fügt schnell hinzu, dass dieser Ansturm weder Rolex noch Omega beeinträchtigt, die mit ihren zweifarbigen Modellen weiterhin einen ständig steigenden Erfolg verzeichnen. Seiner Meinung nach sollten Marken in Indien vor allem in den Ausbau ihrer Vertriebsnetze sowie eine verstärkte Visibilität investieren. Inder kaufen gerne ein und wissen, dass sie hier bessere Angebote finden können. Markenboutiquen findet man bisher jedoch nur in Grossstädten. Kapoor Watch Co wurde 1967 gegründet und zählt mit sechs Verkaufsstellen in Delhi zu den führenden Einzelhändlern. Angesichts der steigenden Nachfrage in diesem Sektor eröffnet das Unternehmen weitere Verkaufspunkte in neueren Städten.

Ivana Perovic, CEO von AP Group erklärt, dass AP Group seit über zehn Jahren im Vertriebswesen und Einzelhandel für internationale Luxus- und Premium-Marken tätig ist. Ausserhalb von Mumbai ist die Einzelhändlerin mit Swiss Boulevard in Süd-Mumbai und Watches of Switzerland in Bandra vertreten. Wohlhabende Kunden interessieren sich in erster Linie für Marken wie Rolex, Audemars Piguet und Cartier. Modelle wie die Rolex Datejust, Yacht-Master II, Omega Constellation und Gc Sport Class XXL verkaufen sich besonders gut. Ivana Perovic stellte im Laufe der letzten zehn Jahre dennoch einen Trendwechsel fest: Weniger konventionelle Marken wie Greubel Forsey, Hublot, Corum und Gc gewinnen ständig an Boden.

Johnson Watch Co wurde 1950 gegründet und zählt zu den Leadern des Einzelhandels mit Sitz in Delhi. JWC-Direktor Ankit Madan erklärt, dass der indische Käufer von Luxusuhren viel reist und gut über Markttrends informiert ist. Die aktiven Marketingbemühungen der Marken bleiben nicht unbemerkt und hinterlassen beim Endkonsumenten einen bleibenden Eindruck. «Rosagold ist auf unserem Markt am beliebtesten. Inder mögen zweifarbige Zeitmesser (Stahl und Gold), wobei Omega und Rolex besonders gut abschneiden. Während der Festsaison (Oktober bis Februar) handelt es sich bei den meisten Käufen um Geschenke. Die bestverkauften Marken sind Breguet, Vacheron Constantin, Jaeger-LeCoultre, IWC, Cartier, Ulysee Nardin und Panerai.»

«Das Luxusuhrensegment ist deutlich stärker gewachsen als andere Bereiche des Einzelhandels, und dies trotz einer Preissteigerung um rund 10% in rund einem Jahr», erklärt der in Chandigarh ansässige Yashovardhan Saboo, Gründer von KDDL und Betreiber von Ethos, der grössten indischen Einzelhandelskette für Luxusuhren. Saboo ist der Meinung, dass Indien sich um eine Aufwertung des Einkaufserlebnisses bemühen muss. Einzelhändler brauchen viel Hintergrundwissen über Marken, um Kunden so besser beraten zu können. Angesichts des starken Wirtschaftswachstums in Indien ist es ausserdem von grosser Bedeutung, im ganzen Land vertreten zu sein. «Wir stehen am Anfang einer Konsolidierungsphase», erklärt Saboo und fügt hinzu, dass Mechanikuhren den Markt anführen werden. Als weitere Trends zeichnen sich sportliche Modelle, halb elegante Uhren und der Besitz mehrerer Uhren für unterschiedliche Gelegenheiten ab.» Käufer interessieren sich auch zunehmend für weniger bekannte Marken, auch wenn die grossen etablierten Marken in seinen Verkaufsstellen immer noch am beliebtesten sind: Rolex, Omega, TAG Heuer sowie zunehmend Breitling, Carl F Bucherer, Hermès und Hublot.