François Bennahmias – Audemars Piguet : CEO von Audemars Piguet

Welche ersten Massnahmen haben Sie an der Spitze von Audemars Piguet eingeleitet?

Auch wenn ich seit 18 Jahren für die Marke tätig bin und seit 13 Jahren für die amerikanische Tochtergesellschaft verantwortlich zeichne, geht man nicht ohne eine Bestandsaufnahme von 70 zu 1200 Angestellten über. Seit Juni beobachte ich und höre zu und versuche gleichzeitig Teams für gemeinsame Projekte zusammenzustellen. So konnten wir Ziele festlegen und unser Potenzial abschätzen. Die Marke hat sich in den letzten Jahren ein wenig gehen lassen, macht aber nun eine Diät und geht ins Fitness, um sich wieder in Topform ins Rampenlicht zu rücken.

 

Was sind Ihre Prioritäten für 2013?

Ich möchte diese notwendige Übergangsphase gut zum Abschluss bringen, um dann 2014 voll durchstarten zu können. Ich würde am liebsten gleich loslegen, aber gut Ding will Weile haben! Zuerst müssen unser Vertrieb und unsere Produktion angepasst werden. Audemars Piguet kann die besten Einzelhändler nicht ausreichend beliefern. Wir müssen unsere Produktion besser auf ihre Bedürfnisse abstimmen und die Anzahl Verkaufsstellen reduzieren. Wir verfügen derzeit über mehr als 500 und werden diese Zahl in zwei Jahren auf 300 senken. Unser Bestseller, die neue automatische Royal Oak in Stahl mit weissem Zifferblatt und einem Durchmesser von 41 mm, muss ihnen beispielsweise schneller zur Verfügung stehen. Wir sind ein unabhängiges Unternehmen und haben den riesigen Vorteil, unseren Rhythmus unseren Bedürfnissen anpassen und somit schneller reagieren zu können.

 

Eignen sich die Erfolgsrezepte von AP in den USA auch für den Rest der Welt?

Jede Region ist anders, und gesunder Menschenverstand ist nicht nur den Amerikanern vorbehalten. Dort lernt man jedoch aus Fehlern zu lernen. Ich zähle auf einen eher bodenständigen gesunden Menschenverstand und hoffe, dem Unternehmen einen effizienzorientierten Managementstil bieten zu können. Als Jasmine Audemars an meiner Bürotür das Yoda-Zitat «Do or do not, there is no try» las, fügte sie hinzu: «Heute fressen nicht mehr die Grossen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen.» Unsere Verjüngungskur lässt uns einen Gang höher schalten.

 

Wie ist Ihre Ihre Haltung zu China?

Das ist für Audemars Piguet noch fast Neuland. Wir müssen dort echte Aufbauarbeit leisten, auch wenn wir China nicht oberste Priorität einräumen. Wie in den USA werden das Verständnis der Mentalität und Kultur der Schlüssel des Erfolgs sein. Wir haben heute eine gute Umsatzaufteilung auf Asien, Europa und Amerika und möchten diese Ausgewogenheit beibehalten.

 

Wie würden Sie AP heute definieren?

Die Marke war schon immer einen Schritt voraus, und das möchte ich noch verstärken. Ohne arrogant klingen zu wollen, möchte ich AP zum Apple der Uhrenindustrie machen. Ich möchte nicht mehr hören, dass wir Dinge seit 150 Jahren so machen und nicht anders. Ich will für Audemars Piguet neue Standards entwickeln. Der Endkunde muss unsere Priorität werden. Dessen muss sich jeder auf allen Unternehmensebenen bewusst werden. Nur allgegenwärtige Meisterhaftigkeit verschafft dem Kunden ein unvergessliches Erlebnis. Unsere Produkte und Botschafter wurden kopiert. Wir müssen zukünftig noch stärker und schneller als die Konkurrenten sein.

 

Glauben Sie, dass die am SIHH 2012 präsentierte Bezeichnung «Le Brassus» im neuen Markenlogo die Verkäufe steigert?

Wir werden sehen, ob wir so mehr Uhren verkaufen, aber auf jeden Fall wird so mehr über unsere Marke gesprochen. Wir stammen aus Le Brassus, warum sollten wir unsere Wurzeln nicht vermarkten? Es gibt tolle Geschichten über unsere Herkunft und unseren Werdegang zu erzählen.

 

Welches Modell verkörpert Ihrer Meinung nach am besten die 12. Kunst (Kunst der Zeitmessung)?

Gemäss meiner Auffassung von Zeitmessung wäre es eher eine Funktion oder ein Werk und nicht ein Modell, das diese 12. Kunst verkörpert. Vergessen Sie nicht, dass die wichtigsten Funktionen vor rund einem Jahrhundert ohne Computer entwickelt wurden: Schaltjahre, zwei Zeitzonen, Zeitgleichung, ewiger Kalender – das ist beeindruckend! Ich möchte hier den Song New York, New York von Frank Sinatra als Metapher nutzen, der 50 Jahre später immer noch genauso schön ist, sogar in der Version von Jay-Z und Alicia Keys. Auch wir streben nach zeitloser Kunst.

 

Wovor sollte sich die Schweizer Uhrmacherei heute hüten?

Sie darf sich nicht in Hochmut und Selbstgefallen verlieren. Ich rücke den Endkunden wieder in den Mittelpunkt, gerade weil wir uns ein wenig auf unseren Lorbeeren ausgeruht haben. Menschen, die Zugang zum Luxussektor haben, werden in anderen Industrien meist besser bedient als bei uns, vor allem wenn es um die Reparatur von Uhren geht, die meist viel zu lange dauert. Wir müssen uns selbst hinterfragen, damit sich die Kunden noch lange nach dem Kauf sagen: «Das war der schönste Kauf meines Lebens.» Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft geht es der Uhrenindustrie recht gut. Genau deshalb ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um Standards zu überdenken und sich von anderen Sparten inspirieren zu lassen.

 

Hat die Krise die Projekte der Fondation AP gebremst?

Nein überhaupt nicht. Die Budgets der Stiftung werden ständig erhöht. Abgesehen davon, dass Jasmine Audemars dieses Projekt besonders am Herzen liegt, verfügt es über andere Vorzüge, die ich im Rahmen von karitativen Werken auch für eine erfolgreiche Einführung der Marke in Amerika genutzt habe. Audemars Piguet ist eine Luxusmarke, die sich glücklich schätzen kann und deshalb auch etwas zurückgeben muss. Das gehört zur sozialen Ehrlichkeit, die alle leistungsstarken Firmen an den Tag legen sollten. Die Luxusindustrie könnte sich viel mehr für wohltätige Zwecke einsetzen als es heute der Fall ist. Ich habe die Führungskräfte von Unternehmen, die hohe Wachstumsraten bekannt geben, persönlich immer dazu angehalten, sich gegenüber den am stärksten Benachteiligten grosszügig zu zeigen.

 

Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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