Vergangenes Jahr haben wir den ersten, dank einer Frequenz von 500 Hertz auf die Tausendstelsekunde genauen Mechanikchronographen der Welt präsentiert. Der Mikrotimer Flying 1000 wurde mit grossem Erfolg in verschiedenen Sonderserien aufgelegt. Auf der Basis dieser Forschungs- und Entwicklungsplattform haben die Teams von TAG Heuer dieses Mal eine noch nie dagewesene hohe Frequenz von 7,2 Mio. Halbschwingungen pro Stunde erreicht, die eine auf zwei Tausendstelsekunden genaue Zeitmessung ermöglicht. Zu Beginn des Jahres haben wir folglich zwei funktionstüchtige Prototypen der mit zehn Patenten geschützten Mikrogirder vorgestellt. Wir haben ein neues Prinzip erfunden: Wir sind sozusagen vom Propellerflugzeug auf den Düsenjet umgestiegen. Das 1675 von Christiaan Huygens entwickelte Ensemble aus Unruh und Spirale gewährleistete bis anhin die Regulierung aller mechanischen Uhren. Die Mikrogirder verfügt über ein ganz anderes Regulatororgan: Ihr System der schwingenden Klingen kombiniert eine Kupplung und einen Excitator mit einem linearen Oszillator (statt einer klassischen Sprungfeder) und funktioniert wie eine Geigensaite ohne Trägheitsmoment: Die Amplitude erreicht maximal 4,5 Grad statt rund 250 wie bei einer herkömmlichen Uhr. Energieverbrauch und Verschleiss sind folglich sehr gering. Die Excitator-Klinge absorbiert die «wilde» Energie, die aus dem Federhaus entweicht, übermittelt sie an die Kupplungsklinge, während eine dritte, starrere Klinge die Energie reguliert: Mit einer Schwingung von exakt 1000 Hertz verwandelt sie diese in Zeitabschnitte. Im Labor sind wir bis auf 3000 Hertz gestiegen, doch da wusste man nicht mehr so genau, was man überhaupt sah. Bei 1000 Hertz kann man auf zwei Tausendstelsekunden genau ablesen. Dieses neuartige Prinzip unterteilt zum ersten Mal die Zehntausendstelsekunde in zwei weiterhin auf einem Zifferblatt lesbare Einheiten. Wir haben anschliessend das Prinzip für die Fertigung weiterentwickelt.
Wie gut kamen die anderen zu Beginn des Jahres präsentierten Neuheiten an?
Angesichts des weltweiten Erfolgs der Kollektion Formula 1 haben sich unsere Einzelhändler über die 18 neuen Versionen sehr gefreut. Unsere Modelle bieten weiterhin einen sehr hohen Wert für ihren Preis (Herrenmodelle zwischen 1200.- und 2000.- Franken), was uns einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil sichert. Die Automatikversionen für Damen sowie die Referenzen mit Weckfunktion, bei denen TAG Heuer fast die einzige Marke in diesem Segment ist, haben besonders grossen Anklang gefunden.
Welche Rolle kommt Ihrer neuen Botschafterin Cameron Diaz zu?
Wir lancieren an der Baselworld 2012 die neue Linie, für die Cameron Diaz als Botschafterin fungiert. Diese Linie ist viel weiblicher als die Formula 1, zu der die sportliche Persönlichkeit von Maria Sharapova perfekt passt. Cameron Diaz und Maria Sharapova haben weder das gleiche Alter noch das gleiche Image und spielen in einer ganz anderen Liga.
Nachdem Sie sich in den letzten Jahren auf mechanische Sportarten konzentrierten, kehren Sie nun in den Segelsport zurück. Was erhoffen Sie sich davon?
TAG Heuer verfügt über die umfassende und historisch gewachsene Linie Aquaracer. Für sie bietet der Segelsport eine natürliche und elegante Spielwiese. Als offizieller Zeitnehmer von Oracle schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Als Defender des 34. America’s Cup ist Oracle das einzige Team, das sich so schimpfen darf. Das ist auch für die Partner wertvoll. Der Ansatz von Oracle ist qualitativ sehr hoch angesetzt, was uns gut gefällt. Ausserdem sind sie die Einzigen mit zwei Booten am Start, was unsere Präsenz und unsere Gewinnchancen verdoppelt! Gleichzeitig macht das neue Format den ältesten Sportwettbewerb der Welt besonders spektakulär und leicht mitzuverfolgen.
Erst haben Sie sich an der Untersuchung der Wettbewerbskommission (WEKO) über einen eventuellen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Swatch Group beteiligt, nachdem diese angekündigt hatte, 15% weniger Werke an Dritte zu liefern. Anschliessend hat sich TAG Heuer wieder zurückgezogen. Warum?
Anfänglich hatte die WEKO Fragen geschickt, auf die wir faktenbezogen und ohne rechtliche Verpflichtung nach bestem Wissen und Gewissen antworteten. Anschliessend haben uns andere Marken kontaktiert und angeboten, gemeinsam mit ihnen Klage einzureichen. Wir haben einen Entwurf erarbeitet, ihn jedoch nicht eingereicht, da die WEKO die Entscheidung von Swatch scheinbar schon vorher gutgeheissen hat. Angesichts der Beziehungen zwischen beiden in der Vergangenheit sind die Würfel höchstwahrscheinlich bereits gefallen. Wozu sollen wir da noch kämpfen? Es ist weder in unserem Interesse, mit ETA als unserem grössten Werkslieferanten in Konflikt zu stehen, noch in deren Interesse, da wir auch mit 15% weniger gemeinsam mit Sellita die grössten Kunden von ETA sein dürften. Herr Hayek hatte die Branche bereits 2005 vorgewarnt. Wir haben also vorgebaut.