Juan-Carlos Torres – Vacheron Constantin

Sie wurden direkt nach dem 250. Geburtstag von Vacheron Constantin zum CEO ernannt. Welche Bilanz ziehen Sie aus diesen fünf Jahren?

Ich habe das grosse Glück, ein seit 30 Jahren dauerndes, atemberaubendes Abenteuer erleben zu dürfen. Was sind schon 5 von 255 Jahren? Bescheidenheit zählt zu den Grundwerten von Vacheron Constantin, weshalb ich hier auch nicht meinen Werdegang zum Besten geben werde. Die Geschichte der Marke wird von unseren Mitarbeitern geprägt, die sich Jahr für Jahr neuen Herausforderungen stellen und dabei immer das Credo der Manufaktur hochhalten: «Mache es wenn möglich immer besser, und das ist immer möglich.»

 

Was sind die Herausforderungen der Marke für die kommenden zehn Jahre?

Wir möchten eine «echte» Manufaktur als Garant für Tradition bleiben. Die in einer Manufaktur hergestellten Produkte haben eine Seele, die ihnen nur Handarbeit einhauchen kann und jeden Zeitmesser einzigartig macht.

Wir tragen so auch dem Wunsch vieler Kunden Rechnung, die wieder nach echten Werten wie Authentizität und Langlebigkeit streben. Diese Werte spiegeln sich in unseren Produkten und vor allem in unserer Kollektion «Métiers d’Art» wider, bei der der kunsthandwerkliche Ansatz im Vordergrund steht.

 

Auf welche SIHH-Neuheiten sind Sie besonders stolz?

Auf alle, denn sie sind die Krönung mehrjähriger Bemühungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zwei Modelle mag ich aber besonders gern: den neuen ewigen Kalender der Patrimony-Linie, der durch seine klassische und natürliche Eleganz besticht, sowie die Patrimony Traditionnelle Heures du Monde. Noch nie zuvor zeigte eine Uhr alle 37 Zeitzonen der Welt an – die um eine halbe oder Viertelstunde verschobenen inbegriffen.

 

Wie erklären Sie sich die eher bescheidene Positionierung der Neuheiten 2011?

Nach dem jahrelangen Wettlauf um das ausgefallenste Design und die grössten Gehäuseabmessungen hat sich die Uhrenindustrie wieder besonnen. Die Krise hat ein Comeback der traditionellen Werte im Bereich Luxus und vor allem in der Uhrmacherei beschleunigt, weshalb heute Authentizität, Qualität und klassische Eleganz wieder im Vordergrund stehen. Das entspricht der natürlich gewachsenen Positionierung von Vacheron Constantin, der wir in diesem Jahr mit der Lancierung der erwähnten Zeitmesser treu geblieben sind.

 

Welcher Zeitmesser schafft es Ihrer Meinung nach bis ins Finale des Grand Prix d’Horlogerie de Genève?

Dieses Urteil überlasse ich Ihnen. Letztes Mal erhielten wir mit unserem Modell Historiques Ultra-fine 1955 den Publikumspreis, der für uns eine der schönsten Auszeichnungen ist, denn ein Zeitmesser ist nur dann wirklich gelungen, wenn unsere Kunden ihn mit Vergnügen tragen. Was die nächste Ausgabe betrifft, muss die neue Organisation des Grand Prix d’Horlogerie de Genève erst einmal ihre Anforderungen definieren.

 

Sie nehmen seit dem Beginn an der Only Watch teil. Was bedeutet das für Sie?

Luc Pettavino hat mich von Anfang an mit seinem Charisma beeindruckt. Diesem Mann, der für sein Kind und die von ihm gegründete Vereinigung so herausragende Dinge organisiert, kann man einfach nichts abschlagen. Vacheron Constantin nahm bereits an der ersten Only-Watch-Auktion zugunsten der Monegassischen Vereinigung gegen die Duchenne-Muskeldystrophie im Jahr 2005 teil.

2009 wollte Vacheron Constantin es nicht beim Erlös der Versteigerung bewenden lassen. Wir haben uns gefragt, wie man eine neue Finanzquelle eröffnen könnte, die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit das ganze Jahr über auf diese Vereinigung lenken würde. Deshalb beschlossen wir die Entwicklung und Fertigung einer diesem guten Zweck gewidmeten Sonderserie unseres Modells Quai de l’Ile. Mit dem Verkaufserlös konnten wir der Vereinigung direkt weitere CHF 100 000 überweisen. Bei jeder neuen Ausgabe stürzt sich Luc erneut mit Feuereifer in die Organisation, um mit seiner Hilfe die Forschung voranzutreiben. Ich spreche ihm dafür meine Bewunderung aus!

 

Bringen die stark ausgeprägten Personalisierungsmöglichkeiten der Quai de l’Ile den erhofften Erfolg?

Ja. Vacheron Constantin bevorzugte schon immer die Fertigung einzigartiger Zeitmesser. In diesem Sinn und für die Wahrung der Grundwerte unserer Manufaktur haben wir 2008 unsere Kollektion Quai de l’Ile lanciert, die es dem Kunden ermöglicht, seinen Zeitmesser nach seinen ganz persönlichen Wünschen zu gestalten. Dieses in der hohen Uhrmacherkunst vorher unbekannte Konzept ist durch die originelle Bauweise des Gehäuses und der sieben Elemente des Gehäuserahmens möglich, da der Kunde das Gehäuse, die Lünette, die Flanken und die Krone sowie natürlich das Zifferblatt nach seinen individuellen Wünschen wählen kann. Vacheron Constantin kann den Kunden so eine Vielzahl möglicher Varianten innerhalb der gesamten Kollektion Quai de l’Ile anbieten. Als wir das Modell lancierten, behaupteten zahlreiche Akteure der Uhrmacherei, dass der Kunde für dieses Konzept der massgeschneiderten Uhr noch nicht reif genug sei. Wir waren ganz im Gegenteil der Meinung, dass es einem Kundenwunsch entspricht, selbst die Werkstoffe für Gehäuse, Werk, Zifferblattdekorationen und Armband aussuchen zu können. Insgesamt gibt es über 700 mögliche Varianten, wobei unsere Kunden auch noch eine persönliche Gravur wählen können.


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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