Pascal Raffy : Eigentümer von BOVET 1822 und DIMIER 1738

Sie haben das Jahr 2015 mit der Amadeo Braveheart® begonnen. Welche Bedeutung hat dieser Zeitmesser für Sie?

Die Braveheart® ist ein wichtiger Meilenstein in der jüngsten Geschichte von BOVET. Als ich im Juni 2006 die Manufaktur DIMIER in Tramelan übernahm, wurden dort serienmässig Tourbillons gefertigt. Wir haben damals festgestellt, dass die Qualität der für mehrere Millionen Franken hergestellten Bestandteile für uns nicht gut genug, aber die Leidenschaft der dort tätigen Handwerkskünstler, von denen heute immer noch 80% bei uns tätig sind, unversehrt geblieben war. Auch sie hegten den tiefen Wunsch, sich wieder der Quintessenz der schönen Uhrmacherei zu widmen. Deshalb haben wir das Jahr 2007 damit verbracht, von A bis Z neue Pläne aufzustellen und unser eigenes Werk zu entwickeln, das erste Mechanikwerk mit acht Tagen Gangreserve. Man muss sich im Leben Ziele setzen. Da ich nie länger als drei Wochen verreise und das Gründungsjahr von BOVET 1822 ist, setzte ich mir das Ziel, mit diesem Basiskaliber eine Gangreserve von 22 Tagen zu erreichen, damit ich nach der Rückkehr von einer Reise immer noch die Freude habe, das Herz meiner Amadeo Braveheart® schlagen zu sehen. Diese Herausforderung setzt eine perfekt vertikal organisierte Manufaktur voraus und verwirklicht zugleich einen der beiden Träume, die ich als Sammler bei der Übernahme von BOVET 2001 hatte. Den zweiten Traum habe ich mit unserer Kollektion 19Thirty verwirklicht.

 

Das ist preislich ein Spagat …

Ja, denn die Braveheart® kostet als Version mit Edelsteinen mehr als eine Million Schweizer Franken, während die 19Thirty bereits für 16 000 Schweizer Franken erstanden werden kann. Übrigens auch eine Glanzleistung für einen Zeitmesser mit lackiertem und perfekt kreisgeschliffenem Zifferblatt, Vollendungen wie bei unseren Tourbillons, verschraubtem Sichtboden über dem Werk mit 15 ¾ Linien, das als würdige Vertreterin der traditionellen hohen Uhrmacherkunst die gesamte Fläche des 42 mm grossen Gehäuses ausfüllt, einer Gangreserve von sieben Tagen, einem nicht aus synthetischem Material, sondern aus Saphir hergestellten Cabochon, einer perfekten Ergonomie und einem beispielhaften Tragekomfort. Vor zwei Jahren haben wir dank unserer jetzt leistungsstarken Manufaktur dieses neue Werk mit nur einem Federhaus für eine dennoch herausragende Gangreserve entwickelt und dabei auch nicht die typischen Merkmale unserer Marke verraten: Zifferblatt für Stunden und Minuten sowie kleine Sekunde bei 18 Uhr. Da wir acht Monate an dem magischen Blau für das Zifferblatt der Braveheart® gefeilt hatten, haben wir es neben Weiss und Schwarz auch für die 19Thirty genutzt. Wir werden die Kollektion durch mittlere Komplikationen, einen Schleppzeigerchronographen sowie ein Grossdatum erweitern. Diese Entwicklung ist deutlich komplexer als bei einem Tourbillon. Wir dürften Ende 2018 startbereit sein.

 

Nächstes Jahr feiern Sie den 15. Jahrestag seit Ihrer Übernahme von BOVET. Ist da für 2016 etwas Spezielles geplant?

Wir werden mit zwei bedeutenden, gegensätzlichen und doch komplementären Kreationen aufwarten. Eine BOVET-DIMIER-Pininfarina mit beeindruckender Gangreserve, Ottanta-Architektur und herrlicher Ergonomie (weniger als 9 mm ohne Gläser) in nur 86 Exemplaren. Bei der Kollektion DIMIER arbeiten wir seit vier Jahren an einer bereits bekannten Funktion, die wir um zwei Innovationen und eine herausragende Präzision für eine neuartige, benutzerfreundliche und leicht einstellbare Variante erweitern möchten. Ausserdem wollen wir BOVET in China neu lancieren. Schliesslich verfügen wir seit letztem Sommer über das Buch «Bovet & China», ein für diesen Markt hervorragendes pädagogisches Hilfsmittel. Angesichts unserer Vergangenheit denken viele Menschen, dass wir dort bereits gut etabliert sind. Die Region Asien-Pazifik macht 20% unseres Umsatzes aus und birgt somit noch viel Potenzial. Das nächste bedeutende Jubiläum ist der 200. Geburtstag von BOVET, für den ich auch schon eine präzise Idee parat habe.

 

Worauf sind Sie in den 15 Jahren an der Spitze von BOVET besonders stolz?

Selbstverständlich auf das Team. Man kann Gebäude kaufen, aber kein ehrliches Lächeln und keinen vor Feuereifer lodernden Blick. Im Dezember 2001 bestand BOVET aus vier Personen, im Dezember 2004 waren es 43, und jetzt sind es 143. Ich kenne die Vornamen aller Mitarbeiter und auch fast alle Namen ihrer Kinder. Wenn sie von ihrer täglichen Arbeit und den Werten der Marke sprechen, klingt echte Zuneigung durch, und dies gilt für alle vier Standorte. Das ist unser höchstes Gut.

 

Was hat Ihnen Ihre Teilnahme an der ersten Dubai Watch Week gebracht?

Ich war schon vor der Eröffnung bei Erhalt der Einladung sehr begeistert: Ich finde das Logo hervorragend. Es ist immer schwer, etwas Einfaches und doch Schönes zu gestalten. Das Datum, d.h. der 18. bis 22. Oktober, war auch schon ein wenn auch ungewollter schöner Zufall (Gründungsjahr von BOVET: 1822). Eine solche Veranstaltung hat in dieser Region der Welt, in der einige der bedeutendsten Sammler wohnen, ihre absolute Daseinsberechtigung. Die Familie Sediqi*, mit der wir die gleichen herausragenden Werte teilen, ist für mich in jeder Hinsicht eine Referenz. Mit Herrn Seddiqi über Uhrmacherei zu fachsimpeln ist eine grosse Freude, und seine Idee, die 19Thirty mit Hindi-Ziffern zu schmücken, entspricht exakt der Philosophie von BOVET, die Zeitmesser weitestgehend den Wünschen der Sammler anzupassen. Die menschliche Dimension der Dubai Watch Week liegt uns sehr am Herzen.

 

Wenn der SIHH Ihnen die Tore öffnen würde, wären Sie bereit?

Wenn der SIHH uns anbieten würde, zu guten Bedingungen auszustellen, würden wir dieser Einladung erneut mit Freude folgen. Unsere Marke ist nun gereift, unsere Teams sind geeint, und die Manufaktur ist solide. BOVET ist heute in fast 40 Ländern vertreten, die Kollektionen finden grossen Anklang, vor allem bei den Damen, die wir lange vernachlässigt hatten und die nun 40% unseres Umsatzes bestreiten. Diese erste 15-jährige Etappe entspricht genau dem, was ich mir 2001 erhofft hatte. Jetzt nehmen wir die nächste Etappe in Angriff.

 

*siehe Artikel über die DWW und Interview mit Hind Seddiqi unter worldtempus.com


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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