Sesselrücken
Ganz am Ende der Messe ging dann doch noch ein aufgeregtes Raunen durch die Hallen, als das Gerücht aufkam, einer der grossen Konzerne übernehme eine berühmte unabhängige Marke. Diese Behauptungen schienen umso plausibler, als man hörte, dass die Verantwortlichen dieses Konzerns für ein morgendliches Pow-Wow nach Paris zitiert wurden. Das Gerücht verschwand anschliessend jedoch wieder so schnell wie es gekommen war. Doch nach der Ruhe an der Baselworld kam plötzlich ein Wirbelsturm aus dem Nichts auf und schüttelte die Uhrenwelt durch. Dabei ging es nicht um Fusionen oder Übernahmen, sondern um Personalfragen: Rolex geriet schnell in Zugzwang, auf die Gerüchte über die Einstellung von Jean-Frédéric Dufour als neuem Generaldirektor zu reagieren. Industrieveteran Aldo Magada wurde auserwählt, um den von Jean-Frédéric Dufour in Le Locle begonnenen Wiederaufbau fortzusetzen. Die damit bei Breitling vakante Funktion war zum Zeitpunkt des Drucks dieser Ausgabe noch unbesetzt.
Streben nach Wachstum
Es ist nur logisch, dass sich die grossen Gruppen um die besten Talente streiten, denn für sie sind die Finanzergebnisse extrem wichtig. Am SIHH und an der Baselworld sah alles rosig aus, und die Zahlen scheinen dies auf den ersten Blick zu bestätigen. Die Stimmung an der stärker auf die Endkunden ausgerichteten New Yorker TimeCrafters-Messe im Mai war noch optimistischer und brachte einigen Ausstellern des obersten Segments gute Geschäfte. Doch bei näherem Hinsehen stellt man fest, dass die Betriebsmarge schneller steigt als die Umsätze. Oder anders ausgedrückt: Die Kosten steigen langsamer als die Verkäufe (die teilweise gar nicht steigen, sondern sogar rückläufig sind). Die Erfahrungen eines talentierten Direktors sind deshalb für die notwendige Rationalisierung unerlässlich. Die finanzielle Gesundheit von Rolex ist durch die Stiftungsstruktur gut abgesichert, aber könnte dieser Direktionswechsel nicht eine Reaktion auf diese Veränderungen sein?
Nach den Sternen greifen
Ob die Wetterlage über dem Uhrenhimmel nun bewölkt oder sonnig ist: Die Industrie wird auf jeden Fall nicht ins Mittelalter zurückkehren, auch wenn sich Urwerk für die jüngste UR-105M davon inspirieren liess. Das einstimmige Lob für die Midnight Planetarium von Van Cleef & Arpels am SIHH und die Astronomia Tourbillon von Jacob & Co an der Baselworld sind der schlagende Beweis, dass es sich lohnt, nach den Sternen zu greifen.