Noch nie waren die Farben in der Uhrmacherei so leuchtend, so fröhlich und so abwechslungsreich. Dieses farbenfrohe Feuerwerk gilt gleichermassen für Gehäuse, Zifferblätter, Edelsteine und ganze Uhren.
Ein Archäologe wäre beim Vergleich eines Katalogs von vor 20 Jahren und aus diesem Jahr sehr erstaunt. Mit so wenig Farbe würde er sich in die chromatische Steinzeit der Uhrmacherei versetzt fühlen. Damals konnte man bei den Gehäusen bestenfalls zwischen Stahlgrau, Weiss-, Rosé- und Gelbgold wählen. Bei den Zifferblättern dominierten Schwarz, Grau und Weiss, und hie und da gab es Gold oder einen Kupferton. Wenn überhaupt von ein wenig Farbigkeit gesprochen werden konnte, stammte diese ausschliesslich von den Edelsteinen. Doch auch dort, wie auch in der Juwelierkunst, triumphierte der weisse Diamant fast immer im Alleingang. In der Zwischenzeit scheinen die Uhrmacher vom Farbvirus angesteckt worden zu sein, der das Uhrendesign revolutionierte. Man könnte fast glauben, dass man vom nüchternen Akademismus des 18. Jahrhunderts ohne Zwischenstation über den Impressionismus à la Renoir direkt auf die leuchtenden Farbflächen des Fauvismus übergesprungen ist.
LEBENDIG
Farbe steht für Lebensfreude, und das stimmt nun auch für die Uhrmacherei. Unzählige Farbnuancen, mehr oder weniger kühne Kombinationen und Texturen spielen mit Lichtreflexen. Alle nur erdenklichen Rottöne von Altrosa bis Karminrot geben Grüntönen ein Stelldichein, die vom hellen Blattgrün über zartes Lind- und intensives Malachitgrün bis zum satten Tannengrün reichen. Himmel-, Atlantik-, Marine- und Königsblau paaren sich mit Perlmutt, Gold sowie grossem Feueremail und Aventuringrün mit sonnigen, opalenen, brillanten oder matten Akzenten. Orange und Türkis leuchten neben pastellfarbigem Mandelgrün und Lavendel um die Wette. Diese Farbenfreude der Uhren reimt mit der Zeit und dem Willen, sich abzugrenzen. Es ist eine Modeerscheinung, aber nicht im Sinne eines vorübergehenden Trends, sondern einer Öffnung für das sich unaufhörlich verändernde Leben, für Neuheiten und die Kreativität der Modewelt und ihre Accessoires. Es gilt, die Herzen der Liebhaberinnen zu erobern, für die Zeitmesser hier keine Ausnahme machen dürfen. Ihre Garderobe ist bunt und abwechslungsreich, weshalb auch das Handgelenk diesem Wunsch entsprechen muss. Neben der bereits bestehenden Form- und Grössenvielfalt der Gehäuse ist nun auch Farbenvielfalt angesagt. Gold ist nicht immer nur mehr gelb, sondern rosé-, rot-, beige- oder honigfarben. Beim Silber wirkt Grau diskret, bei Platin satt und durch Sand- oder Mikrokugelstrahlung und PVD matt. Keramik ermöglichte erstmals strahlendes Weiss, schimmerndes Grau und tiefes Braun. Sogar der avantgardistische Saphir präsentiert mit seinem leichten Rosaschimmer eine neuartige Nuance.
LEUCHTEND
Die einzige Konstante dieser Revolution bilden die Edelsteine, die übrigens nicht immer ganz so edel sind. Wo einst Diamant, Saphir, Smaragd und Rubin um die Wette funkelten, setzt die hohe Juwelierkunst nun gleichermassen auf Turmalin, Amethyst, Onyx, Opal, Granat und Jade. Selbst der sonst so monotone blaue Saphir präsentiert sich neu in Gelb, Grün, Rosa, Cognac und Mandarine. Diese Farbwelle ist über die gesamte hohe Juwelierkunst hereingebrochen und hat Konventionen gesprengt, die Kreativität angekurbelt und die Farbe zu einem Pfeiler des modernen Uhrendesigns erkoren.