Na ja, zumindest war das die Überzeugung, bevor man einen Fuss in eine Boutique setzte. Egal ob Markenboutique oder Einzelhändler, nur zu schnell wird man sich bewusst, dass man wahrlich nicht die gleiche Sprache spricht. Man möchte einfach Uhren sehen, doch schon kommt die Frage: Chronograph, Automatikaufzug, Quarzwerk, mit oder ohne Komplikation? Keine Ahnung. Und schon wird es kompliziert! Nachdem man die Gehirnwindungen stark beansprucht hat, meint man sich zu erinnern, dass Mann doch mal von Chrono gesprochen hat. Aufatmen! Das Schlimmste ist überstanden, jetzt bekommt Mann sein Geschenk. Doch weit gefehlt, denn der Verkäufer startet mit hilfsbereitem Lächeln den nächsten Grossangriff: Stahl, Gold oder Platin? Mit Gangreserve? Armband mit Faltschliesse? Schwarzes oder lieber weisses Zifferblatt? In diesem Moment sucht man mit den Augen fieberhaft nach dem Ausgang. Nur zwei Meter trennen uns von der Strasse. Die Befreiung scheint verlockend nah. Doch dann bekommt Mann seine Uhr nicht! Die Uhr, die er hegen und pflegen wird, weil sie ja mit so viel Liebe ausgesucht wurde. Reiss dich zusammen! Es gab schon schlimmere Momente im Leben. Man setzt eine ernste Miene auf und nimmt einen neuen Anlauf: Stahl, Armband mit Faltschliesse und bezüglich der Zifferblattfarbe, hm, das hängt dann vom Modell ab. Bevor die nächste Fragenlawine über einen hereinbricht, nennt man schnell alle Marken, die Mann immer mit Ehrfurcht erwähnt. Uff! Mit rund einem Dutzend Modellen vor Augen fühlt man sich doch schon deutlich wohler. Das ist wie eine Handtasche auswählen. Schliesslich kann man sich auf seinen Instinkt verlassen. Man kennt Mann und weiss, was zu ihm passt! In einer Viertelstunde ist die Entscheidung gefällt. Stahl mit schwarzem, rassigem und elegantem Zifferblatt. Der Preis? Man zahlt und ist schon wieder draussen. Na ja, man zahlt, aber nicht auf einmal! Hat der Verkäufer eigentlich wirklich verstanden, dass man nur eine Uhr wollte und nicht gleich die ganze Kollektion? Ah! Er hatte es verstanden. Lebewohl liebe Handtasche von Chanel, adieu liebe Schuhe von Louboutin, und auch der Mantel von Max Mara liegt nicht mehr drin. Schweigsam zückt man seine Kreditkarte.
Aber schliesslich ist es für einen guten Zweck: Mann! Voller Vorfreude hält man ihm abends wenn er heimkommt das Päckchen hin. Er öffnet es. Er lächelt selig und begeistert. Na ja, nicht wirklich. Er sieht eher aus wie ein Elefant im Porzellanladen, der nicht wirklich weiss, wie er sich am geschicktesten aus dieser Situation herausmanövrieren soll. «Oh Liebling, die ist aber wunderschön. Weisst du zufällig, ob man sie auch umtauschen kann?» Die Uhr vielleicht nicht, aber Mann garantiert!