Ausstattung:
Obwohl die technischen Zwänge grösser sind als man glauben könnte, ist die Fertigung des Gehäuses einer extraflachen Uhr gar nicht so kompliziert. Die grösste Herausforderung ist die künstlerische Arbeit der Designer. Eine Zeichnung so stark zu vereinfachen, dass das Wesentliche offensichtlich wird, ist für einen Designer paradoxerweise am schwierigsten. Das Dreigespann aus Gehäuse, Zifferblatt und Armband dieser Jules Audemars ist hinsichtlich Abmessungen sowie vor allem auch bezüglich Materialwahl und Vollendungen rundum gelungen. Das uns für diesen Prüfstand zur Verfügung gestellte Modell ist in Rosagold mit runden Diamanten auf der Lünette. Es ist mit einem Automatikwerk ausgestattet und vorbildlich flach. Das ist an sich bereits eine ausgezeichnete Leistung, doch die Wechselwirkung zwischen dieser geringen Bauhöhe und den anderen Abmessungen ist noch viel beeindruckender. Das Gehäuse besitzt einen Durchmesser von nur 41 mm, was nach heutigen Standards eher klein erscheint. Angesichts der Proportionen wirken diese 41 mm jedoch eher wie 43 mm und sind somit für den universellen Gebrauch geeignet (Herren, Damen, Europa, Asien etc.).
Die kleinen und diskreten Bandanstösse machen das Modell noch eleganter und für zahlreiche Kundengruppen geeignet. Die zarte Lünette bietet nur für einen schmalen Reigen aus Diamanten Platz. Was für eine gute Idee, der Eleganz – die man von solch einer Uhr auch zu Recht erwartet – den Vorzug gegenüber ostentativen Diamanten und somit einem höheren Marktwert einzuräumen. Das versilberte Zifferblatt ist teilweise guillochiert und bildet das i-Tüpfelchen der natürlichen Eleganz dieser Uhr: Der mit drei fast unsichtbaren Diamanten besetzte Index bei 12 Uhr hat eine umwerfende Wirkung.
Werk:
Diese Jules Audemars birgt das bei Sammlern und Liebhabern hoher Uhrmacherkunst wohlbekannte Kaliber 2120, das an sich bereits die Kompetenz der Kunsthandwerker des Vallée-de-Joux unter Beweis stellt und uns wieder auf die eingangs erwähnte Royal Oak verweist. Dieses ursprünglich 1967 von einer anderen prestigeträchtigen Manufaktur der Region (ein offenes Geheimnis) entwickelte Werk wurde damals auch von den beiden grössten Genfer Manufakturen verwendet. Alle drei beteiligten sich übrigens finanziell. Genau dieses Kaliber wurde auch 1972 für die erste Royal Oak, die berühmte «Jumbo», ausgewählt. 2,45 mm Werkshöhe für die Anzeige von Stunden und Minuten mit beidseitigem Automatikaufzug sowie einer möglichen Datumsscheibe (Kaliber 2121), wobei dieses Mass an sich noch keine Meisterleistung ist. Natürlich ist das nicht der absolute Flachheitsrekord in diesem Segment, doch angesichts der Qualität, Genialität und Ästhetik der Bauweise erkennt man sofort, dass es sich wahrhaftig um ein legendäres Werk handelt. Schon das Automatiksystem versinnbildlicht diese Perfektion. Das Trägheitsmoment der Schwungmasse in 21 Karat Gold wird nach aussen verlagert, wodurch ein Teil der geringen Werkshöhe genutzt wird. Die Masse ist auf einer umliegenden Krone verschraubt, die die Stabilität und Ebenmässigkeit des Ensembles garantiert, dessen Leistung ohne diesen Trick die mechanischen Grenzen überschreiten würde. Dieses Konstrukt lagert auf vier vertikalen Rollen aus synthetischem Korund. Allein die Skelettierung und Gravuren der Schwungmasse machen dem Logo AP alle Ehre. Auch das Regulierorgan würde einen ganzen Artikel füllen, weil es die Quintessenz des Könnens aller grossen Akteure der Uhrmacherei zum Zeitpunkt seiner Entwicklung verkörpert. Dynamische Einstellung mit variablem Trägheitsmoment für optimalen Isochronismus sowie beispielhafte Vollendungen. Das Kaliber 2120 ist einfach die beste Wahl.
Tests:
Nach so viel Lob muss das Kaliber 2120 nun wieder in den Kontext seiner Kategorie der (echten) extraflachen Werke gestellt werden, um eine frühzeitige und bedauernswerte spontane Selbstentzündung einiger Uhren-Geeks zu vermeiden. Seine chronometrischen Leistungen sollten eigentlich nicht mit jenen der Manufaktur-Hightech-Bestien mit unbegrenztem Platz verglichen werden. Das Kaliber zeigt übrigens keine Sekunden an, was a priori eine höhere Toleranzschwelle voraussetzt. Die Regelmässigkeit der Ergebnisse ist jedoch überraschend. Nachdem wir den ungewohnten Hebungswinkel von 56° eingestellt haben, können die Messungen beginnen. Die Amplitude betrug bei vollem Aufzug in den fünf Positionen zwischen 271° und 286°. Die Gangabweichung lag zwischen -2 und +5 Sekunden pro Tag. Nach 24 Stunden belief sich dieses Delta auf 0 bis +7 Sekunden pro Tag, während die Amplituden 8 bis 10° einbüssten. Obwohl empfohlen wird, das Werk bei völligem Stillstand von Hand aufzuziehen, ist der Automatikaufzug atemberaubend. Ein perfekter Kompromiss aus sanftem Aufzug und Effizienz. Da das Werk vor allem durch seine Eleganz besticht, sprechen wir hier nicht von Tragekomfort, sondern vom Bewusstsein, eine solche Uhr zu tragen, um sich an ihrer diskreten Eleganz zu erfreuen.
Fazit:
Die Wahl einer solch ultraklassischen Uhr wie dieser Jules Audemars ist eine Sache des Herzens und der Gefühle. Wir können Ihnen nur empfehlen, in diesem Moment Ihrem Instinkt zu folgen. In dieser Kategorie zählt sie zweifellos zu den Besten überhaupt. Ihr herausragendes Werk ist einer ihrer grössten Trümpfe. Seit 50 Jahren hat es dank sorgfältiger Uhrmacherhände seine Zuverlässigkeit und Langlebigkeit unter Beweis gestellt. Wir können AP nur zu dieser Verkörperung ihres Fachwissens gratulieren und hoffen, dass die Manufaktur aus Le Brassus dieses fruchtbare Feld weiter bestellt, damit wir noch weitere historisch nicht minder bedeutende Kollektionen wieder neu entdecken können.