Patek Philippe : Referenz 5230

Seit Jahrzehnten dient die Genfer Marke in der blühenden Welt der hohen Uhrmacherkunst als Massstab und Referenz. Folglich lenken wir in dieser Rubrik unser Augenmerk mit besonders grossem Interesse auf eine Uhr von Patek Philippe. In dieser Ausgabe unterziehen wir die an der diesjährigen Baselworld enthüllte Referenz 5230 unseren Tests und Bewertungen.

Um es vorwegzunehmen: Der Begriff Neuheit ist hier relativ, denn diese neue Universalzeit symbolisiert in Bezug auf die Wahl des Kalibers mit Automatikaufzug sowie die für die Marke bereits legendäre Universalzeit eher die Fortsetzung einer langen Tradition als eine Innovation im eigentlichen Sinne des Wortes. Die alteingesessenen Liebhaber der Marke und die Sammler werden von dieser 5230 nicht überrascht, sondern vielmehr zutiefst überzeugt sein, dass sie Patek Philippe zu Recht volles Vertrauen schenken können.

AUSSTATTUNG:

Dieser Zeitmesser versinnbildlicht alle traditionellen und klassischen Aspekte der Uhrmacherei, die Patek Philippe sehr am Herzen liegen. Die Referenz 5230 ist eine schlichtere und erschwinglichere Alternative zur 5131, die seit einigen Jahren im Katalog der Marke enthalten ist. Die Veränderungen betreffen lediglich die Ausstattung. Das Gehäusedesign wurde extrem vereinfacht und erscheint fast karg, wird somit aber resolut zeitlos.

Die Kurven des Mittelteils sind kantigeren Profilen sowie einem flachen Mittelteilband und einer flachen Lünette gewichen, wodurch der Durchmesser noch um einen Millimeter auf 38,5 mm reduziert werden konnte. Das Emailzifferblatt des Vorgängermodells wurde hier durch ein schlichtes, handguillochiertes Zifferblatt in edlem Grau abgelöst, das von einem sehr schön lesbaren 24-Stunden- und Städtering eingerahmt ist. Die für die Genfer Marke unverkennbaren Zähler der Universalzeit bilden mit dem Ensemble aus Zifferblatt und Gehäuse eine elegante Einheit. Der Kronenschutz passte hier nicht mehr zum Design und der rechteckige Korrektor für die Universalzeit ist wie üblich bei 10 Uhr positioniert.

WERK:

Das Kaliber 240 HU dieser neuen Referenz wurde 1977 entwickelt. Damals wurde in den Ingenieurbüros und Werkstätten noch ohne Informatik gearbeitet. Selbstverständlich wurde in seiner 40-jährigen Existenz mehrfach an dem Werk gefeilt, das jetzt über eine Gyromax-Unruh und eine Spiromax-Spirale verfügt, die Patek Philippe seit zehn Jahren sehr schätzt. Ausserdem werden die Bestandteile heute auf Hightech-Maschinen gefertigt. Wenn ein Kaliber die Jahrzehnte so unbeschadet übersteht, müssen seine Leistungen und seine Zuverlässigkeit wirklich über jeden Zweifel erhaben sein. Die Integration eines Mikrorotors in 22 Karat Gold für die Versorgung des Automatikaufzugs ist zweifellos eine der grössten Errungenschaften dieses Kalibers, das so durch bemerkenswerte Flachheit überzeugt. Wir wissen alle, wie kompliziert es ist, einen leistungsfähigen Mikrorotor zu entwickeln, und deshalb können wir das Talent der Werksbauer und Uhrmacher, die damals die Erstentwicklung machten, nur lobend erwähnen.

Das einzige Federhaus speist das mit 21 600 Halbschwingungen pro Stunde oszillierende Regulatororgan mit einer Mindestgangreserve von 48 Stunden. Die Universalzeit ist ein zusätzliches Modul mit einem grösseren Durchmesser als das Basiskaliber. Auch dieses Modul hat schon einige Jahre auf dem Buckel und muss weder seine Güte noch seine Zuverlässigkeit unter Beweis stellen.

Natürlich besitzt auch dieses Kaliber das interne Gütesiegel «Poinçon Patek Philippe». Die traditionelle Grunddekoration besteht aus Genfer Streifen, Perlierung und anglierten Brücken. Ein Wermutströpfchen sind die in mehreren Linien verlaufenden Konturen der Brücken als Beweis für die Industrialisierung der Dekoration.

TESTS:

Auch diesbezüglich gibt es keine grossen Überraschungen. Das Kaliber 240 ist für seine exzellenten Leistungen aus der Blütezeit von Patek Philippe hinreichend bekannt. Somit sind die Zuverlässigkeit und die besonders einfache Wartung dieses ehrwürdigen Kalibers bereits ein Gemeinplatz. Dieses Argument wird trotz seiner Bedeutung nur selten ins Feld geführt. Wenn das Kaliber 240 in die Hände eines qualifizierten Uhrmachers gerät, dürfte es nach der fast immer reibungslos verlaufenden Wartung wieder genauso glänzend und leistungsstark sein wie am ersten Tag.

Die Leistung des Mikrorotors machen es zu einem der besten, wenn nicht sogar dem besten Kaliber des Markts überhaupt. Die Präzision sowie die Gangreserve entsprechen den Standards der 70er-Jahre sowie jenen von Kalibern mit bescheidenen Abmessungen. Die vom Hersteller mit mindestens 48 Stunden angegebene Gangreserve wurde von uns zweimal gemessen und belief sich auf 48 und 50 Stunden. Bei maximalem Aufzug lagen die Amplituden zwischen 265° und 285°. Selbstverständlich hat die Gangreserve hier eine grosse Auswirkung auf Amplitude und Präzision, und doch bleiben die Ergebnisse nach 24 Stunden sowie die Abweichungen mit einem Delta von nur 7 Sekunden bei Messungen von -2 bis +5 Sekunden pro Tag überraschend gut.

Lesbarkeit und Ergonomie sind trotz des kleinen Durchmessers der Uhr bemerkenswert.

FAZIT:

Sammler und Liebhaber traditioneller Uhrmacherkunst werden von dieser Referenz 5230 begeistert sein, denn sie entspricht perfekt ihren Wünschen: Tradition statt extravagante Designstudien einer Uhrmacherei, die seit der Lancierung des Kalibers 240 oft nur aus Marketinggründen hanebüchener Innovation frönte. Es ist zudem interessant zu wissen, dass dieses Werk mitten in der Quarzkrise das Licht der Welt erblickte. Die hohe Uhrmacherkunst und Patek Philippe haben mit ihrer Innovationskraft während dieser Zeiten nicht nur Krisen überstanden, sondern sind auch gestärkt aus diesen hervorgegangen.

Wir hegen deshalb keinen Zweifel, dass das Ingenieurbüro von Patek Philippe in den aktuellen Zeiten grosser Unsicherheit ebenfalls in der Lage sein wird, das Kaliber 240 von morgen zu erfinden, und freuen uns schon sehr, in naher oder ferner Zukunft auch dieses auf unserem Prüfstand testen zu können.

Der erfahrene Uhrmacher analysiert eine Uhr während einer Woche auf seinem Prüfstand, um den an technischen Details interessierten Lesern sein Fazit darzulegen.

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