Die mechanischen Gemeinsamkeiten zwischen Automobil und Uhrmacherei schlagen eine Brücke zwischen beiden Welten. Ihre Beziehung ist eng sowie faszinierend und beschränkt sich nicht auf ein paar Lippenbekenntnis-Partnerschaften.

Es gibt unzählige Co-Branding-Initiativen zwischen Uhren- und Automarken. Zwei Namen nebeneinander auf ein Banner zu kleben ist nicht schwer, doch die Verbundenheit zwischen beiden Welten ist tief verwurzelt. Die Gemeinsamkeiten betreffen Ästhetik, Technik und Funktion, wobei einige Marken in allen drei Bereichen auftrumpfen, von Rebellion mit eigenem Rennstall ganz zu schweigen (siehe artikel).

GRAFISCHE VERWEISE

Bestimmte Uhren sind wahre Auto-Metaphern, die von der Form bis zu spezifischen Bestandteilen reichen. Ziel ist es dabei, die Herzen der Autofans zu erobern. Die HM5 von MB&F sieht einem Auto zum Verwechseln ähnlich und weist hinten sogar einen Auspuff auf. Angesichts der Jalousien der hinteren Lünette könnte man auf einen Lamborghini tippen. Parmigiani liess sich für die jüngste Concept Watch vom Design des neuen Bugatti Chiron inspirieren. Diese Inspirationsquellen können auch wie bei der felgenförmigen Schwungmasse in den Bentley-Kollektionen von Breitling diskretere Bestandteile betreffen. Mal ist es auch wie bei Chopard eine Vollendung, bei der horizontale Musterungen an die Motorenästhetik erinnern. Meccaniche Veloci entwickelte sogar ein kolbenförmiges Gehäuse und reizte die Analogie bis zum Lieblingsmotiv von Uhrmachern und Mechanikern aus: perlierte Oberflächen. Der ultimative und weitverbreitete Autolook macht auch vor Armaturenbrettern und ihren Drehzahlmessern mit unterschiedlichsten Formen und Details auf zahlreichen Zifferblättern nicht Halt: kursive Ziffern, moderne Typografie, rote Zone zwischen 9000 und 12 000 Umdrehungen pro Minute – pardon – natürlich Stunde. Abgesehen von rein visuellen Gemeinsamkeiten hält auch der im Automobilrennsport omnipräsente Werkstoff in der Uhrenwelt seinen Einzug: Karbonfasern für Zifferblätter, Gehäuse und Armbänder verbreiten sich wie ein Lauffeuer.

KOMPETENZ-SHARING

Chopard hat eine unauslöschliche Leidenschaft für Autorennen und nutzt viel mehr als nur visuelle Ähnlichkeiten. Die L.U.C Engine One hat nicht nur eine Gangreserveanzeige, die an eine Tankanzeige erinnert, oder ein wie ein Motorblock markiertes Werk, sondern übernimmt auch ein Bauprinzip: Die Silent Blocks, auf denen das Kaliber lagert, fungieren als Stossdämpfer. Viele Technologien des Autosports sind heute in Uhrengehäusen wiederzufinden. Nur wenige wissen jedoch, dass dies auch umgekehrt Gültigkeit hat. Die Idee der Kupplung wanderte vom Chronografen zum Getriebe, das wiederum auf dem Räderwerk gründet, das die Kräfte für eine bessere Beschleunigung vervielfacht.

ALLES EINE FRAGE DER FUNKTION

Auto und Uhr geben sich schliesslich auf nobelster Ebene, d.h. bei der Komplikation, ein Stelldichein. Man sagt häufig, dass der Chronograph die für den Automobilrennsport beste Funktion ist. Dennoch ist der Chronograph zu vielseitig, um wirklich spezifisch nützlich sein zu können. Deshalb galt es, Mechanismen zu entwickeln, die hinter dem Steuer ebenso praktisch sind wie am Rand der Rennstrecke. Richard Mille hat die uhrmacherische Mechanik durch die Integration von Beschleunigungssonden in seine Uhren aus der Komfortzone gelockt. Die für Sébastien Loeb entwickelte RM 36-01 besitzt eine g-Kraft-Komplikation. Mit diesem ausrichtbaren Beschleunigungsmesser kann die Stärke der Geschwindigkeitsänderungen in alle Richtungen bestimmt werden. Audemars Piguet nutzte die Partnerschaft mit Michael Schumacher, um mit ihm gemeinsam eine für seine Bedürfnisse massgeschneiderte Uhr zu entwickeln. Die Royal Oak Concept Laptimer zeigt die Zeit pro Runde an, speichert sie und misst ohne Verzögerung gleichzeitig die nächste Runde, und dies beliebig oft. Im Nachhinein fragt man sich, warum noch nie jemand vorher darauf gekommen ist. Auch innerhalb einer noch so mechanischen Familie läuft der Austausch nicht immer reibungslos.