Hemmung: Flucht nach vorn

Bvlgari Ammiraglio del Tempo

 

Christophe Claret Maestoso

 

F.P. Journe Chronomètre Optimum

 

Ulysse Nardin Ulysse Anchor Escapement

 

Girard-Perregaux Konstante Hemmung

 

Omega Koaxiale Hemmung

Die Hemmung ist das Organ im Werk, das die Zeit misst. In ihr wird Energie zu Information. In diesem Sinne ist sie eine Art mechanischer Prozessor. Seit einigen Jahren gingen die Innovationen rund um dieses Regulierorgan nur in eine Richtung und führten zum Einsatz von Silizium. Obwohl dieses Material an sich eine kleine Revolution darstellt, ersetzte es in der Hemmung andere Werkstoffe. Dabei handelt es sich fast ausschliesslich um die sogenannte Schweizer Ankerhemmung. Dem ist nun nicht mehr so. Viele Kapitel der Uhrmachergeschichte betreffen dieses Werksteil. Die Ankerhemmung hat sich gleichzeitig mit der Armbanduhr durchgesetzt, weshalb die anderen, kostspieligeren und grösseren Varianten, d.h. Chronometerhemmung, Stiftankerhemmung und andere Abwandlungen, gleichzeitig mit der Taschenuhr in Vergessenheit gerieten. Es dauerte bis in die 1990er-Jahre, als Omega die Patente der von George Daniels erfundenen koaxialen Hemmung erwarb und ein neues System auf den Markt kam. Die koaxiale Hemmung ist an sich übrigens nur eine Verbesserung der Schweizer Ankerhemmung, die Omega seitdem überall einsetzt. 2011 kündigte Urban Jürgensen an, die Chronometerhemmung miniaturisiert zu haben. Das war eine Meisterleistung, denn diese Hemmungsart war für ihre Stossanfälligkeit und Launenhaftigkeit berüchtigt. An der Baselworld 2014 präsentierte Christophe Claret die in die gleiche Richtung tendierende Maestoso mit funktionierender Chronometerhemmung. Diese wurde bereits in mehreren Exemplaren gefertigt, von denen Bulgari einige für die Ammiraglio Del Tempo kaufte. Ein bizarres System, weil man es nicht funktionieren sieht: Die Unruh schwingt, die Sekunde schreitet vorwärts, und doch sind die Bewegungen der Hemmung so winzig und so schnell, dass man sich fragt, ob sie wirklich läuft.

 

 

Konvergenzen

Das Interesse an der Chronometerhemmung war schon immer gross, weil sie sich – wie ihr Name besagt – besonders gut für Chronometer eignet. Mit ihr wurden die einst für Seefahrer lebenswichtigen Marinechronometer ausgerüstet. Es gibt aber noch eine andere historisch gewachsene Hemmungsart: Die sogenannte freie Hemmung ist ein von Abraham-Louis Breguet erfundenes Konzept, das seit 2011 von vier Marken neu aufgenommen wurde: F.P Journe, Laurent Ferrier und Kari Voutilainen verwenden ähnliche Lösungen, und Ulysse Nardin ist auch wieder mit von der Partie. Diese Marke präsentiert nun bereits die dritte innovative hauseigene Hemmung, eine Variante der Ankerhemmung – wie immer in Silizium. Sie gehört zu einer neuen Hemmungsfamilie, die durch ihre Geometrie und Eleganz überzeugt. Die berühmteste Vertreterin dieser Familie ist die Echappement Constant (Konstante Hemmung) von Girard-Perregaux. Ihre extrem komplexe Schmetterlingsform ist auf die konstante Kraftübertragung zurückzuführen. Es ist das einzige Konzept, dass gleichzeitig den Schwingrhythmus und die an die Unruh übertragene Kraft als Garanten für die Zeitmessung, reguliert. Die komplizierte und kostspielige Hemmungsforschung ist beim Durchbruch ein Erfolgsgarant.Mit Ausnahme von Omega ist sie allerdings den kleinen und mittleren Marken vorbehalten, denn nur sie allein setzen diese noble Tradition fort.


Der Uhrenfachjournalist und regelmässige Korrespondent für WorldTempus.com schreibt unsere Rubrik Innovation in einem für alle verständlichen Stil.

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