Wem die Stunde schlägt

Neue Zeitmesser mit Minutenrepetition überzeugen durch hohe Klangqualität und technische Leistung. Überblick über alles, was derzeit nicht nur ins Auge, sondern auch ins Ohr springt!

Die Minutenrepetition ist der miniaturisierte Nachfahre der Glocken, die man einst in Dörfern und Städten läuten hörte. Der Weg über die Taschenuhr bis ans Handgelenk war jedoch weit und mechanisch äusserst komplex. Lange war allein die Tatsache, solche Werke zum Funktionieren zu bringen, bereits eine Errungenschaft. In einem Volumen von rund 20 vollständig ausgefüllten Kubikzentimetern kann man keinen wirklich starken Klang erzeugen. Lange hatte man die Qual der Wahl zwischen Klangintensität und -qualität. Mit der sich ständig weiterentwickelnden Uhrenkultur ist nun eine Generation Liebhaber dieser Komplikation nachgewachsen, die sich mehr erhofft. In den vergangenen drei Jahren wurde rund ein Dutzend neue Werke entwickelt, die bereits auf dem Markt sind oder demnächst kommen werden und die durch eine insgesamt deutlich höhere Qualität der Minutenrepetition überzeugen.

 

Kraft und Volumen
Vor allem in den Bereichen Kraft und Volumen wurden grosse Fortschritte erzielt. Im ersten Bereich erzeugt das Schlagen der Hämmer auf die um das Werk gerollten Metalltonfedern den Klang. Je höher die Kraft, desto höher die Lautstärke. Doch es mangelt an Platz, um die Hämmer zu vergrössern oder ihnen mehr Schwung zu verleihen. Aus diesem Grund hat sich Jaeger-LeCoultre bei der Reverso Répétition Minutes à Rideau vom Katapultsystem inspirieren lassen. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es auch im Bereich des Gehäusevolumens. In diese Richtung forscht Christophe Claret, der die grösste Anzahl und Vielfalt an Uhrwerken mit Läutfunktion entwickelt hat. Für ihn ist der Resonanzkörper das A und O, und das hatte schliesslich auch schon Stradivari erkannt. Harry Winston hat der Midnight Repeater viel Raum gegönnt, damit die Schallwellen sich gut ausbreiten können. Gleichzeitig müssen Werk und Gehäuse aber auch direkt miteinander verbunden sein. Sobald die Tonfeder Schwingungen erzeugt, müssen diese nach aussen bis zum Ohr des Zuhörers transportiert werden. Die wirksamsten Lösungen sind jedoch nicht immer die modernsten. Bei der Vacheron Constantin Patrimony Contemporaine Ultraplate Kaliber 1731 ist beispielsweise die Halterung der Tonfeder einfach im Gehäuse verschraubt und dient somit der akustischen Welle als Brücke. Diese Uhr besticht jedoch vor allem durch ihre Eleganz, denn der Wettlauf nach ultraflachen Modellen in der hohen Uhrmacherkunst macht auch vor den Minutenrepetitionen nicht mehr halt.

 

Eleganz und Intuition
Piaget präsentierte bereits 2012 die Emperador Coussin Répétition Minutes mit einer Höhe von nur 9,4 mm. Vacheron Constantin unterbietet mit 8,1 mm. Das Gehäusevolumen einer Minutenrepetition zu verringern ist eigentlich kontraindiziert, aber mit dem Kaliber 2755 hatte Vacheron Constantin bereits bewiesen, ein klangmässig perfekt ausgewogenes und qualitativ hochstehendes Läutwerk entwickeln zu können – und dies mit traditionellen Mitteln. Diesen Weg hat auch A. Lange & Söhne für die Grand Complication gewählt. Neben zahlreichen anderen Funktionen verfügt dieses Meisterwerk über ein grosses Schlagwerk. Die Uhr läutet jede Viertelstunde automatisch und gibt auf Wunsch auch die Stunden akustisch an. Diese Komplikation ist und bleibt sicherlich auch noch lange der Gipfel uhrmacherischer Komplexität.

 


Der Uhrenfachjournalist und regelmässige Korrespondent für WorldTempus.com schreibt unsere Rubrik Innovation in einem für alle verständlichen Stil.

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